„Ich wollte eigentlich nie in kalten Wassern tauchen.“ „In Seen und im kalten Meer kann man ja eh nichts sehen.“ „Nein, das mit dem Trockenanzug kann ich mir auch nicht vorstellen.“
Und ich hab es dann doch getan. Nicht weil ich so heiß drauf war im eiskalten Wasser zu bibbern, sondern weil ich mehr tauchen wollte. Und während meiner Kanadareise im Sommer habe ich mich dann in Edmonton zu einem Trockenanzug-Kurs angemeldet.
Wieso eigentlich trocken tauchen?
An manchen Tagen ist mir ziemlich schnell kalt. Und das bei Wassertemperaturen zwischen 27-30°C. Ich war aber auch schon bei 12°C und 13°C im Wasser. Mit einem 7mm Neopren. Und das will ich keinem empfehlen. Seitdem hatte ich das tauchen in kalten Gewässern eigentlich abgeschrieben. Wer allerdings doch in kälteren Gewässern tauchen möchte – oder so wie ich eben auch mal zuhause in Österreich die Seenwelt erleben möchte – kommt irgendwann um einen Trocki nicht herum.
Pi mal Daumen sagt man unter 20°C ist ein Trocki empfehlenswert – ich war auch schon bei 22°C im Trocki tauchen (aus reiner Bequemlichkeit). Bei Wassertemperaturen um 10°C ist es aber wirklich notwenig unter dem Anzug einige Schichten zur Isolierung zu tragen. Zusätzlich noch Neoprenhaube und Neoprenhandschuhe – manche bevorzugen Trockenhandschuhe – das ist aber nicht wirklich meins.
Vor dem Trocki Kurs
Wie das Wort Kurs schon verrät, musste ich auch eines der PADI Bücher lesen. Dieses gab mir zwar einen guten Einblick in die verschiedenen Trockenanzüge, die Theorie war trotzdem trocken.
Vor der ersten Wassersession hieß es nochmal ins Tauchzentrum fahren und einen passenden Trocki ausborgen. Wie sich das anfühlt? Wie ein überdimensionerter Plastiksack! Ich will gar nicht erst von der viiieeeel zu engen und luftabschneidenden Halsmanschette anfangen. Es fühlte sich an als hätte ich jemandes Hände an meinem Hals und würde zudrücken. Das Resultat? Kopf rot und ich sah die ganze Sache schon am Scheitern.
Trocki Kurs im Pool – Tauchgang mit Trocki #1
Der erste Wasserkontakt fand dann kurz darauf in Form einer Poolsession statt. Ich konnte es mir nicht vorstellen am Körper nicht nass zu werden. Mit mehr Schichten als beim Skifahren stieg ich dann in den Trocki.
An der Wasseroberfläche kam es mir so vor als wäre ich noch nie mit Equipment im Wasser gewesen: Die Luft in meinem Trockenanzug irritiert mich. Oben rum zu viel Luft und an den Beinen began es schon zu zwicken.
Im Pool starteten wir dann die einzelnen Übungen und wieder kam mir derselbe Gedanke, dass ich mich so anstelle als wäre ich noch nie getaucht. Der Anzug hat eine Mission: mich zu verunsichern.
Learning #1: die enge Dichtung am Hals stört an Land – im Wasser habe ich sie kaum bemerkt!
Trocki Kurs im See – Tauchgänge mit Trocki #2 und #3
12-17°C
Unser Tauchlehrer war doch ein bissl ein Hund – immer wieder ein paar Meter rauf und ein paar Meter runter. Also veränderte sich die Luft in meinem Anzug immer wieder und ich musste erst lernen wie das Ventil sich verhält. Ich schoss auch ein paar mal an die Wasseroberfläche, weil ich zu viel Luft im Anzug hatte.
Learning #2: die Flasche wird gegen Ende des Tauchgangs verdammt leicht –> 1-2 kg mehr Blei einpacken
Learning #3: Luftablassventil lieber aufgedreht lassen als verzweifelt versuchen beim Aufsteigen noch herumzudrehen. Bei meinem gilt: lefty loosy, righty tighty. Links aufdrehen und rechts zudrehen.
Learning #4: Man kann auch in Seen eine gute Sicht haben.
Das erste Mal im Meer – Porteau Cove – Tauchgänge mit Trocki #4, #5, #6 und #7
12°C | Sicht: ~ 1m | es ist kalt, aber beim Tauchen wurde mir nicht kalt
Tauchgang mit Trocki #4 stellte sich mühsamer heraus als gedacht: zu viel Luft im Anzug zog mich kopfüber an die Wasseroberfläche. Weil das noch nicht genug ist, verliere ich meinen Tauchschuh und den Flossen auf einem Fuß.
Der nächste Tauchgang (#5 mit Trocki) verläuft um Einges besser, allerdings schießt mein Tauchbuddy zur Oberfläche, weil sie zu wenig Blei bei sich hatte.
Learning #5: 3 Schichten oben und unten – und schon ists nicht mehr kalt.
Learning #6: anstatt der kurzen Tauchschuhe wären hohe besser. So sollte nicht zu viel Luft dort gefangen werden.
Learning #7: Nur weil es Meer ist, ist die Sicht nicht besser als in Seen.
Learning #8: Hosenbein am Knöchel richtig falten und so Druckstellen vermeiden.
Nyee Bay – Tauchgänge mit Trocki #8 und #9
Knöchelgewichte machen den Unterschied!
Es wird endlich einfacher! Das Anziehen, die Bewegungen, die Safety Stops – schön langsam liegt mein Hauptaugenmerk nicht mehr am Trocki sondern auf der Unterwasserwelt.
Learning #9: Knöchelgewichter helfen beim Tarieren.
Learning #10: Wenn die Lufttemperatur hoch ist, die Schichten und den Anzug erst kurz vor dem Tauchen anziehen.
Seelöwen auf Vivian Island – Tauchgänge mit Trocki #10 und #11
Diese beiden Tauchgänge haben mir beim Tarieren und Herumspielen mit dem Ventil geholfen. Obwohl wir nur auf 5m herumgelungert sind und die Seelöwen beobachtet haben, konnte ich verschiedene Schwebepositionen ausprobieren und fühl mich wohler im Wasser.
Was ich sehr gut gemerkt habe, war wie die Flasche am Ende des Tauchgangs doch leichter wurde und ich weniger Luft im Jacket bzw. im Anzug brauchte.
Learning #11: Luftablassventil noch immer lieber aufgedreht lassen und lieber öfter Luft in den Anzug lassen, als die Kontrolle zu verlieren und zur Oberfläche zu schießen.
Nördlich von Victoria – Tauchgänge mit Trocki #12 und #13
Tarieren mit Trocki fühlt sich beinahe schon so einfach an wie mit einem normalen Neoprenanzug. Safety Stops sind kein Problem mehr.
Learning #12: Es ist schon wirklich lässig, wenn man am Körper nicht nass wird.
Ogden Point – Tauchgänge mit Trocki #14 und #15
Ogden Point ist eindeutig der schwierigste Tauchplatz, den ich bis dato getaucht habe. Sobald man im Wasser ist, ist alles einfach. Die hohen Steinblöcke erschweren einem aber ziemlich den Einstieg und machen es auch gefährlich – vor allem wenn man mit dem ganzen Equipment hüfthohe Hinternisse zu bewältigen hat.
Learning #13: Blei ist an Land verdammt schwer und mit 16kg Blei an der Hüfte und im Jacket herumzugehen ist nur bedingt lustig.
Learning #14: auch wenn man wie ein Michelin Männlein aussieht, macht es trotzdem Spaß (sobald man im Wasser ist).
Pichlinger See – Tauchgänge mit Trocki #16 und #17
Ich nehme alles zurück! Der erste Tauchgang in Österreich (ca. drei Wochen nach dem letzten Tauchgang mit Trocki) hat es sich so angefühlt als wäre ich noch nie damit getaucht. Schrecklich! Außerdem hatte ich wirklich zu viel Blei dabei.
Der zweite Tauchgang war dann aber wieder so einfach und locker wie ich es gewohnt war – nicht zu viel Blei und das Tauchen fühlte sich auch wieder richtig angenehm an.
Learning #15: in Österreich werden die Luftflaschen nach Litern verliehen. Wir hatten für den ersten Tauchgang je eine 15l Flasche und für den zweiten dann 10l Flaschen. Die größere war ziemlich unhandlich für mich und auch verdammt schwer.
Learning #16: Mein Verdacht ist, dass die Flaschen, die wir ausgeliehen haben nicht aus Aluminium sondern aus Stahl waren – weswegen meine Bleikalkulation komplett daneben war.
Learning #17: < Gewand unter dem Trocki —> < Blei
Learning #18: weniger Blei im Süßwasser als im Salzwasser (das wusste ich eigentlich schon vorher)
Fazit Tauchen mit Trockenanzug
Es ist ein großartiges Gefühl im Wasser nicht zu frieren!
Tauchen in kalten Wassern hat andere Vorzüge als im Warmwasser – aber es macht dennoch wahnsinnig viel Spaß!
Nach den anfänglichen Schwierigkeiten, ging die Lernkurve steil bergauf – zum Glück, sonst hätte ich keine Freude daran gefunden. Ein großer Pluspunkt war definitiv, dass ich vor dem Trocki schon viel getaucht bin und ich mich nur mit dem Trocki und nicht auch noch mit dem ganzen Equipment beschäftigen musste.
In Porteau Cove habe ich einige Tauchanfänger gesehen, die ihren Open Water Kurs gleich mit dem Trocki Kurs kombiniert haben. Hut ab, das wäre mir wahrscheinlich am Anfang zu viel gewesen.
Am Ende habe ich mich auch dazu entschieden einen Trocki zu kaufen. Allerdings keinen neuen, sondern das gute Stück mit dem ich gelernt und bis dato getaucht bin (in einer Nummer kleiner). Der gebrauchte Trocki hat nicht viele Tauchgänge am Buckl und ich habe ihn für ca. 540€ in Kanada beim Tauchshop gekauft. Bis dato bin ich mit meinem Bare NexGen Anzug mit austauschbaren Hals- und Armmanschetten richtig zufrieden (er kann aber mit einem maßgeschneiderten Anzug aber leider nicht mithalten, aber das war mir auch klar).
Im Endeffekt gibt es fürs Trocki tauchen keine magische Anleitung. Ein gut passender Anzug, ausreichend Gewicht und üben, üben, üben machen den großen Unterschied.
Ein abschließender Tipp noch: geh vorm Tauchen immer nochmal aufs Klo 😉
Für später pinnen!