Schneebedeckte Berge, so weit das Auge reicht. Schroffe Felswände wechseln sich mit sanften Hänge ab. Inmitten liegt St. Antönien, das erste Bergsteigerdorf der Schweiz. Ein überschaubarer kleiner Ort mit viel Herz und noch viel mehr Möglichkeiten, die umliegenden Berge auch im Winter bei verschiedenen Skitouren zu erkunden.
Während meiner Schulzeit war ich quasi nonstop in den Bergen unterwegs. Das liegt größtenteils daran, dass wir eine aktive Bergsportgruppe im Gymnasium hatten, die meine damalige Chemielehrerin geleitet hat. Zu jeder Jahreszeit waren wir meist über der Baumgrenze unterwegs – Skitouren im Winter und Klettern und Wandern im Sommer. Irgendwie fühlen sich diese Erinnerungen so an als wären sie erst wenige Wochen alt und doch sind seitdem mehr als 10 Jahre vergangen. Die Zeit habe ich komplett übersehen und so auch, dass ich seitdem keine einzige Skitour mehr unternommen hatte. Ein guter Grund also, das zu ändern. Und so kam die Einladung, ein langes Skitourenwochenende in Graubünden mit Bergführer zu verbringen, gerade richtig.
Ein Paradies für Skitouren: St. Antönien
Wie klingt das: Nach einem gemütlichen Frühstück direkt in die Skibindung und rauf auf den Berg? Keine längeren Transfers, sondern eine Vielzahl an Tourenmöglichkeiten direkt vor der Haustüre – genau das steht an der Tagesordnung in St. Antönien. Wer nämlich im nördlichen Teil des Dorfes in Partnun übernachtet kommt genau in diesen Genuss. Und was gibt es Schöneres, als nach einem langen Tag in den Bergen direkt vor der Hütte die Bretter abzuschnallen und nach einem köstlichen Abendessen in der Stube, draußen im Whirlpool den Sternenhimmel zu bestaunen? Welche besondere Unterkunft das möglich macht, verrate ich dir etwas weiter unten. Zunächst möchte ich dir zwei Touren empfehlen, die wir von hier aus unternommen haben:
Skitour auf den Röbispitzen ab St. Antönien
Route: Partnun, St. Antönien – Plasseggen Hütte – Röbispitzen
Höhenmeter: ca. 650
Schwierigkeit: leicht bis mittel
Dauer: ca. 2 Stunden
Diese Tour würde ich jedem empfehlen, der im Bergsteigerdorf St. Antönien übernachtet und der sich mal warm gehen oder gemütlich in den Tag starten möchte. Es wechseln sich gemütliche und etwas steilere Stellen während der gesamten Tour ab, sodass man sich selbst nicht überfordert. Gleich zu Beginn startet einer der gemütlichen Teile, bevor es steiler wird. Von unten sieht der Hang neben der mächtigen Felswand mächtiger aus, als er beim Begehen ist – Spitzkehre sei Dank. Was danach folgt, ist wieder eine leichtere Etappe – nämlich quer durch die Hochebene vorbei an der Plasseggenhütte (2186m). Traumhaft zum Gehen und wieder Kraft sammeln, bevor es wieder steiler wird. Von der Röbispitzen (2466m) aus hat man einen genialen Weitblick über die Hochebene in der Schweiz und Österreich auf der anderen Seite des Bergkamms.
Bei unserer Tour hatten wir das große Glück, dass einerseits noch kaum Spuren vorhanden waren und andererseits das Wetter und der Schnee ideal waren. Bei einer Abfahrt die ersten Spuren zu ziehen, ist doch jedes Mal wieder etwas Besonderes.
Skitour Schaflucken ab St. Antönien
Route: Partnun, St. Antönien – Aschüel – Riedbüel – Alp Valpun – Chlei Chrüz
Höhenmeter: ca. 550
Schwierigkeit: leicht
Dauer: ca. 2,5 Stunden
Diese Tour ist besonders für Skitouren-Neulinge geeignet, da ein Teil des Weges über eine Forststraße führt und man sich so an das Gehen mit den Skiern gewöhnen kann. Auch der danach folgende Teil im Gelände lässt sich auch als Anfänger gut meistern. Bei Schönwetter sieht man von hier aus bis in die weite Ferne bzw. zu den Grenzbergen nach Österreich. Wer nach der Tour auf das Chlei Chrüz noch Motivation, Energie und auch Zeit hat, kann weiter auf das Chrüz gehen – das sind gut 100 Höhenmeter mehr.
Von dort aus entweder dieselbe Strecke auf den Tiefschneehängen zurückwedeln oder bei guten Schneebedingungen sogar direkt bis nach Pany fahren. Wer „nur“ bis aufs Chlei Chrüz geht, fährt muss wieder zurück nach Aschüel. Dort erwartet hungrige Wintersportler auch eine kleine Hütte mit Terrasse.
Eine ausführliche Tourenbeschreibung aufs Chrüz findest du hier – inkl. Höhenprofil.
Üben für den Ernstfall: Lawinenrettung-Trainingscenter Partnun
Im Bergsteigerdorf St. Antönien gibt es einen Trainingsparcours, um für den Fall der Fälle zu üben und bei einer abgegangenen Lawine schnell helfen zu können. Es ist ratsam, einmal im Jahr sein Wissen aufzufrischen und dafür eignet sich das Trainingscenter ideal, das direkt vor dem Berghaus Sulzfluh liegt.
Auf einer großen Tafel werden verschiedene Szenarien anschaulich erklärt. Wenn du mit einem Bergführer aus der Region unterwegs bist, dann kann er mit dir bzw. eurer Gruppe hier auch ein längeres Training durchführen.
Empfehlung Bergführer
Wer jetzt Lust auf Skitouren in dieser Ecke der Schweiz bekommen hat, jedoch noch nicht viel Erfahrung gesammelt hat und sich auf die Bergkenntnisse eines Einheimischen verlassen möchte, sollte sich unbedingt an Bergführer Marco Lippuner wenden. Er kennt unzählige Touren, weiß, wie das Gelände verläuft und ist über die aktuelle Schneelage bestens informiert. Wir haben die Touren mit ihm am Vorabend bzw. beim Frühstück gemeinsam besprochen und an unsere Fähigkeiten, Kraftlevels und Wetterprognosen angepasst. Er hat mit uns auch das Sicherheitstraining in Partnun absolviert und uns viele hilfreiche Tipps für Sicherheit in den Bergen mitgegeben.
Unterkunft in St. Antönien: Berghaus Sulzfluh
So ein kleines Skitourenabenteuer braucht auch eine Unterkunft, die besonderes Flair versprüht. Das Berghaus Sulzfluh ist eben genau das: ein Berghaus.
Es liegt im Herzen des Bergsteigerdorfes St. Antönien und lockt nicht nur Übernachtungsgäste, sondern tagsüber auch Wintersportler dank der großzügigen Terrasse und der guten Küche an. Sobald es dann dämmert und das Licht Minute für Minute weniger wird, kommt eine richtig heimelige Stimmung auf. Dann werden die Petrollampen angezündet und wer Lust hat, kann im Whirlpool der Sonne zusehen, wie sie hinter den Bergkämmen verschwindet.
Es gibt verschiedene Zimmerkategorien: Von Zimmer mit und ohne Bad und bis hin zu Schlaflager. Da es nicht selbstverständlich ist hier oben Strom zu haben, wird dieser abends dann abgeschaltet. Ich war davor immer schon im Bett und habe mich daran nicht gestört. Mit Powerbank und Stirnlampe auch kein Problem.
In den Zimmern gibt es keine Heizung, deswegen werden die Türen untertags offen gelassen, damit sie nicht so stark auskühlen. Abends habe ich mir dann eine Wärmeflasche (in allen Zimmern verfügbar) aufgefüllt und bin damit ins Bett gegangen.
Anreise nach Sankt Antönien
Auch wenn eine Anreise mit dem eigenen Auto auf den ersten Blick so manches vereinfachen mag, so möchte ich hier anmerken, wie wunderbar die Öffis in der Schweiz funktionieren. Selbst in die entlegensten Orte gibt es regelmäßig Verbindungen mit Bus und Bahn. Lasse dich nicht von Fahrten mit vielen Umstiegen abschrecken – diese sind aufeinander abgestimmt und warten einander ab.
Mit dem Zug aus Österreich kommst du über Sargans und Landquart mit je einmal Umsteigen bis nach Küblis. Von dort aus mit dem Bus dann weiter nach St. Antönien. Vom Parkplatz aus gelangst du dann zu Fuß nach Partnun, wenn du dort deine Unterkunft hast. Das Gepäck wird nach Vereinbarung mit dem Skidoo zur Hütte gebracht.
Anmerkung: Vielen herzlichen Dank an den Tourismusverband Graubünden und Prättigau für diese unvergesslichen Tage bei euch in den Schweizer Bergen. Ihr habt meine Begeisterung fürs Skifahren neu entfacht und mich dazu motiviert, wieder mehr auf meinen Brettern zu stehen.
Die großartigen Fotos sind übrigens von Roman Huber – tausend Dank dafür!