Noch vor ein paar Monaten hat das Wort Niederschlesien keinerlei Emotionen in mir geweckt. Nach meinem Roadtrip durch diese Region Polens zaubert es mir ein Lächeln ins Gesicht und versetzt mich gedanklich zurück in eine der schönsten Reisen in diesem Jahr. Was du in Niederschlesien an Sehenswürdigkeiten nicht verpassen solltest und wieso sich eine Reise dorthin lohnt, erfährst du in diesem Blogpost.
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Wenn mich ein Land immer und immer wieder überrascht, dann ist es Polen. Und zwar so richtig. Die Woiwodschaft Niederschlesien war für mich ein weißer Fleck auf der Landkarte. Auch geografisch konnte ich es nicht zuordnen. Polen ja, aber wo genau? Schon bei der Recherche wurde ich mehrfach stutzig. Wieso hatte ich zuvor nie was von Niederschlesien – oder Dolny Śląsk auf Polnisch – gehört? Mit diesem Bericht, einigen Tipps und Empfehlungen möchte ich dich inspirieren, diesen Teil Polens zu entdecken und auch selbst kennenzulernen.
Niederschlesien: Eine Schatzkiste voller Überraschungen
Von Linz aus ist die tschechisch-polnische Grenze in weniger als 5 Stunden erreichbar, von Wien aus sind es nur wenige Minuten mehr. Wenn das kein Grund ist, sich ins Auto zu setzen und einen Roadtrip zu unternehmen. Ich verspreche dir, dass dich Niederschlesien immer und immer wieder ins Staunen versetzen und dich in seinen Bann ziehen wird.
Mein Reisejahr war intensiv und auch persönlich hat sich viel getan. Trotz drei Fernreisen (nach Mexiko, um nachhaltige Unternehmen im Tourismus kennenzulernen, auf die Bahamas, wo ich mit wilden Delfinen geschnorchelt bin und dann noch auf die Seychellen), lag mein Fokus doch auf der Heimat und nahen Reisezielen, die ich ganz ohne Flugzeug erkunden konnte. Perfekt also, wenn sich die südliche Grenze Polens in greifbarer – oder eben fahrbarer – Nähe befindet.
Roadtrip durch Niederschlesien
Für unsere Reise durch den Südwesten Polens haben wir uns fünf Tage Zeit genommen. Dass das keineswegs reichen würde, wurde bereits bei der Planung klar(er). Es würde also eine Reise zu den Highlights der Region werden – natürlich mit ein paar kleineren und noch unbekannteren Stopps hier und dort. Wir haben viel in kurzer Zeit gesehen und erlebt und so manch einer von euch da draußen, würde unser Programm auf mehr als fünf Tage ausweiten wollen. Hätten wir mehr Zeit im Gepäck gehabt, so wären wir bestimmt zehn Tage in Niederschlesien herumgefahren.
Unsere Stopps auf unserem Roadtrip
Tag 1: Anreise, Besuch von Jelenia Góra und dem Schloss Tzschocha
Tag 2: Wandern im Riesengebirge und Nachttour durch Wlén
Tag 3: Besuch verschiedener Schlösser und der Uranmine in Kowary
Tag 4: Die Friedenskirchen in Schweidnitz und Jauer und Fahrt nach Breslau
Tag 5: Breslau, Schädelkapelle in Tscherbeney und Heimreise
Inspirationen für deinen Roadtrip durch Niederschlesien: Polens unbekannt(er)e Ecke
Ich habe lange hin und her überlegt, wie ich euch meine Highlights von diesem wunderschönen Roadtrip präsentieren soll und in welcher Form es am meisten Sinn ergibt. Zunächst lag die Idee nahe, euch den Roadtrip Tag für Tag zu beschreiben. Da aber nicht jede*r gleich viel Zeit hat und vielleicht aus unterschiedlichen Himmelsrichtungen anreist, gibt’s meine Highlights thematisch gruppiert:
Die schönsten Schlösser und Burgen in Niederschlesien
Die Geschichte Niederschlesiens ist vielseitig und alles andere als langweilig. Über die Jahrhunderte herrschten mehrere Dynastien über die Region. Das erklärt auch die Vielzahl an Burgen und Schlössern. Viele von ihnen sind hervorragend erhalten und können besichtigt werden. Einige andere wurden in Restaurants und Hotels umgewandelt, also entweder selbst dort speisen oder übernachten oder zumindest außen eine Runde drehen.
Mein Highlight war auf jeden Fall das Schloss Fürstenstein (Zamek Książ) nördlich von Waldenburg (Wałbrzych). Anmutig thront es auf einem Felsen und der Besuch gleicht einer Zeitreise. Die Gärten und die Aussichtsplattform sind ebenfalls wirklich sehenswert.
Auch die Burg Tzschocha (Zamek Czocha) solltest du auf deiner Erkundungstour durch Niederschlesien nicht verpassen. Ins Innere der Burg kommt man nur im Rahmen von Führungen und diese waren bei unserem Besuch ausschließlich auf Polnisch verfügbar. Dafür gab es aber Infoblätter mit den wichtigsten Eckdaten auf Englisch. Die Burg innen gleicht einem Labyrinth aus verschiedenen Räumen, Geheimtüren und Korridoren, die doch auch ein wenig an Hogwarts erinnern.
Unterwegs haben wir immer wieder kleinere Schlösser mehr oder weniger durch Zufall entdeckt:
- Das Schloss Schildau (Pałac w Wojanowie) haben wir zumindest von außen besichtigt und uns im Garten die Beine vertreten. Da es heute ein Hotel ist, dürfen nur Gäste hinein.
- Das Schloss Lomnitz (Pałac w Łomnicy) ist ebenfalls ein Hotel mit zwei Restaurants und einem kleinen Museum.
- Das Schloss Fischbach (Zamek w Karpnikach) ähnelt einer Burg mitsamt Burggraben. Es beheimatet ebenfalls ein Hotel und ein Restaurant.
- Der fürstliche Wohnturm Boberröhrsdorf (Siedlecin) ist eines der bedeutendsten Baudenkmäler der Region. Die Wandmalereien im Inneren stammen aus dem 14. Jahrhundert. Aufgrund unserer knappen Zeit haben wir den Wohnturm lediglich von außen besichtigt, obwohl er von innen besucht werden kann.
Tipp: Wenn du schon immer mal in einem echten Schloss übernachten wolltest, dann könntest du hier fündig werden. Die Schlösser in der Region (wie auch in anderen Teilen Polens) sind wunderschön und die Preise für Übernachtungen sind moderat.
Die Tiroler Häuser (Dom Tyrolski)
Dass es in Polen Häuser gibt, die einem den Eindruck vermitteln, sich gerade in Tirol aufzuhalten, ist eher eine traurige als eine lustige Begebenheit der Geschichte. Im kleinen Dorf Mysłakowicach (Zillerthal) unweit von Jelenia Góra gibt es eine Vielzahl eben solcher Häuser. Diese wurden nicht etwa aus Jux dort errichtet, sondern haben mit der Religionspolitik der Habsburger zu tun. Im 19. Jahrhundert wurde eine Anordnung erlassen, in der es hieß, dass sämtliche Österreicher*innen zum katholischen Glauben konvertieren oder das Land für immer verlassen müssen. 440 Zillertaler weigerten sich und wanderten so nach Niederschlesien aus. Insgesamt wurden 60 Hütten und Häuser im Tiroler Stil erbaut. Einige von ihnen sind heute noch gut erhalten
Tipp: Das Dorf Mysłakowicach ist nicht gerade groß und damit du die Tiroler Häuser findest, würde ich einfach die einzelnen Straßen abfahren, um diese zu finden.
Mehr Infos zu den Tiroler Häusern findest du hier.
Die Friedenskirchen von Niederschlesien
Thematisch ähnlich mit Religion und den Habsburger verknüpft, sind die Friedenskirchen von Schlesien. Sie waren die bedeutendsten evangelischen Kirchen im 17. Jahrhundert und wurden nach der Rekatholisierung den protestantischen Schlesiern zugestanden. Insgesamt wurden drei Friedenskirchen erbaut, zwei davon haben wir auf unserem Roadtrip besichtigt – nämlich die in Jauer (Jawor) und Schweidnitz (Świdnica). Seit 2001 sind die Kirchen im Fachwerkstil Teil des UNESCO Weltkulturerbes.
Den Protestanten wurde zahlreiche Bedingungen auferlegt, damit sie ihre eigenen Kirchen errichten durften. So durften sie etwa weder Ziegel oder noch Steine verwenden und mussten auf primitive Baumaterialien wie Holz, Lehm und Stroh zurückgreifen. Außerdem war es ihnen untersagt Glockentürme zu erbauen und die Kirchen mussten außerhalb der Stadtmauern innerhalb von je einem Jahr fertiggestellt werden.
Lesetipp: Mehr über die Friedenskirchen von Niederschlesien.
Die Uranmine von Kowary
Einer der spannendsten Orte auf unserem Roadtrip durch Niederschlesien war auf jeden Fall die Uranmine in Kowary. Hier wurde nach Ende des 2. Weltkrieges bis in die 50er-Jahre Uran abgebaut – und das vollkommen geheim.
Heute kann man das stillgelegte Bergwerk zu Fuß mit einem Guide erkunden. Keine Sorge, die Strahlung des im Gestein auftretenden Urans ist so gering und wird konstant überwacht, sodass ein Besuch sicher ist.
Bei einem geführten Rundgang in der Mine habe ich gelernt, dass Uran nicht nur für Atombomben verwendet wird, sondern auch zeitweise Glas beigesetzt wurde – so leuchtet es im Schwarzlicht.
Es gibt zwei verschiedene Möglichkeiten die Uranmine kennenzulernen: Eine normale Tour durch den ersten Stollen und eine Abenteuertour, bei der man an manchen Stellen kniehoch durch Wasser und Schlamm watet. Wer keine Gummistiefel dabei hat, kann sich vor Ort Überzieher, die bis zu den Oberschenkeln gehen, ausleihen.
Die Touren werden in der Regel nur auf Polnisch gehalten, wer einen Rundgang durch die Mine mit tollen Infos auf Englisch erleben möchte, sollte sich vorab (telefonisch oder via E-Mail) in Verbindung setzen, um dies zu organisieren.
Tipp: Da die Mine geflutet wurde, kann man in den unteren Ebenen sogar tauchen. Dies ist allerdings nur zertifizierten Höhlentauchern vorbehalten. Der Einstieg sieht vielversprechend aus und eines Tages werde ich mich wohl auch mal dorthin begeben. Hier gibts einen Bericht über das Tauchen in der Uranmine inkl. Fotos.
Wandern im Riesengebirge
Das Riesengebirge im Süden von Niederschlesien ist gleichzeitig die Grenzregion zu Tschechien. Im Winter tummeln sich hier die Wintersportler und wedeln die weißen Pisten hinunter. In den wärmeren Monaten gehören die Berge den Wanderern.
Wir haben einen ganzen Tag mit einer Wanderführerin im Riesengebirge verbracht und dabei eine wunderschöne Rundtour unternommen. Unser Startpunkt war der Sessellift in Schreiberhau (Szklarska Poręba), mit dem wir die ersten Höhenmeter überwunden haben. Am Kamm entlang ging es dann kurz nach Tschechien zur Elbquelle. Das Wetter war an unserem Wandertag sehr unbeständig und Nebel und Sonnenschein wechselten sich im Takt ab.
Durch einen Zufall haben wir sogar einen kleinen Fuchs entdeckt, der wohl von seiner Familie getrennt wurde. Da er keineswegs ängstlich und doch etwas verschrocken dreinschaute, haben wir den Nationalparkrangern Bescheid gegeben, denn es ist absolut nicht normal, dass ein junger Fuchs alleine unterwegs ist und sich so verhält. Ein Erlebnis war es für uns dennoch!
Nachdem der Nebel dann leider wieder sehr dicht wurde und wir an einigen Aussichtspunkten kaum mehr als ein paar Meter gesehen haben, kehrten wir in der Łapski-Szczyt-Hütte ein. Wie konnte es anders sein, bestellten wir typisch polnische Piroggen. Wie auch bei Käsespätzle schmecken sie in den Bergen nochmal besser.
Als krönender Abschluss machten wir noch einen kleinen Umweg zum Zackelfall. Der Wasserfall ist der höchste im polnischen Teil des Riesengebirges und wirklich sehenswert.
Tipp: Unsere ganze Wandertour inkl. Stopps findest du hier in meiner Outdoor Active Karte nachgebaut.
Die Schädelkapelle von Tscherbeney (Czermna)
Gruften, Friedhöfe und vor allem Beinhäuser finde ich besonders spannend. Sie gewähren einen Einblick in eine andere Zeit, die meist dunkel und mit Kriegen und Krankheiten geplagt war. Die Schädelkapelle von Tscherbeney befindet sich unweit der polnisch-tschechischen Grenze und liegt daher für viele, die aus Österreich kommen, am Weg oder stellt nur einen minimalen Umweg dar.
In ganz Europa gibt es nur drei solcher Schädelkapellen und in Polen ist sie ein Unikum. Besonders groß ist die Kapelle nicht, die Wände und die Decke sind mit Schädeln und Knochen jedoch komplett in verschiedenen Mustern ausgekleidet.
Wichtig: Die Schädelkapelle kann nur in Rahmen einer kurzen Führung besichtigt werden. Fotos im Inneren sind nicht gestattet.
Schöne Orte in Niederschlesien, die sich lohnen
Wie viele Teile Polens ist auch Niederschlesien mit wunderschönen kleinen Orten gesegnet, die man auf einem Roadtrip mitnehmen und sich so die Beine vertreten kann.
- Hirschberg am Riesengebirge (Jelenia Góra): ist eine der größeren Städte in der Region und besonders die Fußgängerzone lohnt sich, mal kurz stehenzubleiben und zu verweilen. Tipp: Wer aus Österreich kommt, wird wahrscheinlich den Grenzübergang in der Nähe von Hirschberg wählen. So liegt das Städtchen quasi am Weg und kann als erster Stopp in Polen angesteuert werden, ohne dass es ein Umweg ist.
- Lähn (Wleń): Gemeinsam mit Gracjan, der verschiedene Touren in der Region anbietet, haben wir Lähn bei Nacht erkundet und sind zur Burgruine Lehnhaus gewandert. Der Sternenhimmeln von hier oben ist faszinierend klar und auch die eine oder andere Fledermaus haben wir erspäht.
- Außerdem entzückend sind Greifenberg (Gryfów Śląski), Waldenburg (Wałbrzych) und Schweidnitz (Świdnica).
Kwieci Guesthouse: Ein Zuhause weg von der Heimat
Ein paar Jährchen ist es schon her, dass Łukasz und Piotr Warschau den Rücken gekehrt und sich im kleinen Dorf Kwieciszowice ein neues Leben aufgebaut haben. Das Kwieci Guesthouse ist eine ehemalige Schule, die die beiden gekauft und von Grund auf renoviert haben.
Dass die beiden ein Händchen für Ästhetik haben, ist in jedem Raum ihres neu geschaffenen Wohlfühlreiches spürbar. Alle Zimmer sind unterschiedlich gestaltet und mit viel Liebe eingerichtet.
Mein Favorit ist der Gemeinschaftsraum, wo jeden Tag gefrühstückt und gemeinsam zu Abend gegessen wird. Die Speisen werden jeden Tag frisch und mit lokalen Zutaten zubereitet.
Łukasz und Piotr kennen ihre Wahlheimat Niederschlesien wahnsinnig gut und helfen gerne mit Tipps für Ausflüge und Unternehmungen.
Das Kwieci Guesthouse ist eine kleine Ruheoase und eignet sich perfekt für Erkundungstouren in der Region.
Tipp: Wenn du mal ein paar Tage abschalten und einfach die Seele baumeln möchtest, dann lege ich dir das Kwieci Guesthouse sehr ans Herz.
Auf einen Abstecher nach Breslau (Wrocław)
Wer schon mal in der Gegend ist, sollte sich auch Breslau (Wrocław) unbedingt ansehen. Wir hatten lediglich 1,5 Tage, um die Stadt ein wenig kennenzulernen und haben uns komplett in die wunderschönen Gebäude und Gässchen verliebt.
Was du in Breslau unbedingt gesehen haben musst und was es mit den Zwergen in der Stadt auf sich hat, verrate ich dir in einem meiner nächsten Blogartikel.
Mein Fazit nach unserem Roadtrip durch Niederschlesien
Wie schon so häufig, hat mich diese Reise daran erinnert, dass man keineswegs in ein Flugzeug steigen muss, um einzigartige Momente zu erleben, spannende Orte kennenzulernen und die Geschichte Europas zu erkunden.
Und wie nach jeder Reise nach Polen, hat sich für mich wieder bestätigt, wie unterschätzt das Land doch ist und wie viele Schätze es hier zu entdecken gibt.
Mehr über die unbekannteren Ecken Polens findest du auf der neuen Webseite von Poland Soul Travel.
Wenn dir dieser Artikel gefallen hat, wie wäre es mit meinen anderen Berichten aus Polen?
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Lesetipp: Meine Reisebloggerfreundin Jasmin war in einem anderen Teil Polens, nämlich den Niederen Beskiden unterwegs.
Dieser Blogpost ist in Kooperation und mit viel Liebe gemeinsam mit Poland Soul Travel entstanden.